Die Doppelnummer 38/39 spürt dem kollektiven Verdacht nach, aus der Welt gefallen zu sein und schöpft dabei aus dem Vollen: der Gegenwart unerwarteter Welterfahrung. Sie vertieft sich in Astrologie und Aufklärung. Sie analysiert das Fremdeln mit der Welt und ihren Verlust. Sie schickt touristische Erlebniskonsumenten in die Wüste und seziert das Homeschooling, den Rückzug aufs Land und die Reise durch ebendieses.
Reden wir über unsere Literaturnobelpreise. Es scheint als müssten sie beinahe schicksalhaft das Verhältnis des oder der Ausgezeichneten zur Außenwelt neu definieren. Elfriede Jelinek reagiert mit einem Rückzug aus der Öffentlichkeit, schon der feierlichen Verleihung wohnt sie nur aus der Ferne bei. Peter Handke hingegen zwängt seine Schultern in einen Frack und macht seinen Dienert vor dem schwedischen König, während die Menge draußen vor der Tür lautstark Protest anmeldet. Schon vor Jahren ist der Dichter aus der Welt gefallen, oder besser: verzogen in seine eigene – poetische – Weltwahrnehmung. Jelinek in ihrer Wiener Wohnung, Handke beim Pilzesuchen im Wald in Frankreich – weit weg von seinem kunstvoll beschimpften (deutschsprachigen) Publikum.
Rehe äsen in der Ferne, Morgennebel steigt aus den Bäumen und aus der Küche duftet es nach frischem Kaffee. Dieses Draußen-vor-dem-Fenster und das, was wir Die-Welt-dort-draußen nennen, kennen sich kaum. So lässt sich Arbeit im Homeoffice leben. Im Frühjahr 2020 hat eine Pandemie die halbe Welt aus der Welt und auf sich selbst zurückgeworfen. Jetzt geht es jedem wie Jelinek. Glücklich, wer‘s zumindest ein bisschen wie Handke hat: Selbst gewählter Eskapismus wirkt als wär’s ein Stück Freiheit dieser Tage.
Broschur
Fadenheftung, 196 Seiten
21 x 21 cm
6 EUR (AT) / 5,90 EUR (DE) / 10 CHF (CH)